Die Marionette, nachdem der Hunger einmal gestillt war, fing an zu brummen und zu weinen, weil er ein paar neue Beine wollte.
Geppetto jedoch, um ihm eine Lektion zu erteilen wegen seines Lausbubenstreiches, ließ ihn für eine halbe Stunde weinen und verzweifeln. Dann sagte er zu ihm:
"Und warum soll ich dir neue Beine machen? Damit ich noch einmal erlebe, dass du von zu Hause abhaust?"
"Ich verspreche dir", sagte die Marionette schluchzend, "dass ich von heute an gut sein werde..."
"Alle Kinder sagen das", antwortete Geppetto, "wenn sie etwas wollen, sagen sie etwas in der Art."
"Ich verspreche dir, dass ich in die Schule gehe, lernen werde und mich würdig erweisen werde..."
"Alle Kinder wiederholen, wenn sie etwas haben wollen, die gleiche Geschichte.""Aber ich bin nicht wie die anderen Kinder! Ich bin besser als alle anderen und sage immer die Wahrheit. Ich verspreche dir, Papa, dass ich ein Handwerk erlernen werde, und dass ich der Trost und der Stock sein werde, wenn du alt bist. "
Geppettto, auch wenn er ein Gesicht wie ein Tyrann aufsetzte, hatte die Augen voller Tränen und sein Herz war weit vor Mitleid, als er seinen armen Pinocchio in einem so mitleiderregenden Zustand sah. Er erwiderte nichts mehr sondern nahm die Werkzeuge, die für sein Handwerk nötig waren, und zwei gut abgelagerte Holzstücke in die Hand
und machte sich mit großem Eifer an die Arbeit.
In weniger als einer Stunde waren die Beine fertig. Zwei kleine schlanke Beinchen, trocken und drahtig, als ob sie von einem Künstler wären gemacht worden.
"Schließ die Augen und schlafe!"
Pinocchio schloss die Augen und tat so, als ob er schliefe. Und in der Zeit als er vortäuschte zu schlafen, klebte Geppetto mit ein ein bisschen Klebstoff, dass er in eine Eierschale geträufelt hatte, die zwei Beine an den richtigen Platz. Dies tat er so gut, dass man überhaupt nicht sah, wo sie angeklebt worden war.
Kaum hatte die Marionette bemerkt, dass sie Beine hatte, da sprang sie auch schon vom Tisch, auf dem sie gelegen hatte und begann tausend Hopser und Kapriolen zu machen, als ob sie vor lauter Zufriedenheit wahnsinnig geworden wäre.
"Um mich für alles was ihr für micht getan habt erkenntlich zu zeigen", sagte Pinocchio zu seinem Papa, "will ich sofort in die Schule gehen."
"Sehr gut, mein Junge!"
"Um aber in die Schule zu gehen, brauche ich ein bisschen Kleidung."
Geppettto, der arm war und nicht mal einen Centime in der Tasche hatte, machte ihm aus geblümten Papier Kleidung,
ein Paar Schuhe aus Baumrinde und eine Mütze aus Brot.
Pinocchio rannte sofort los um sich in einem Krug voll mit Wasser sein Spiegelbild zeigen zu lassen.
Ich sehe fast aus wie ein vornehmer Herr!"
"Das stimmt", erwiderte Geppetto, "weil, und das sollst du dir merken, nicht die schöne Kleidung es ist, die einen Herrn ausmacht, sondern die saubere Kleidung."
"Da wir gerade dabei sind", fügte die Marionette an, "um in die Schule zu gehen, fehlt mir etwas: Mit fehlt eine das Beste."
"Und was ist das?"
"Eine Fibel"
"Du hast Recht. Und wie stellt man es an, eine zu bekommen?"
"Das ist ganz einfach. Man geht in eine Buchhandlung und kauft sich eine."
"Und das Geld?"
"Ich habe keines."
"Ich auch nicht", fügte der gute, alte Mann hinzu und wurde dabei traurig.
Und Pinocchio, obwohl er ein lustiger Kerl war, wurde auch traurig, denn das Elend, wenn es wirklich Elend ist, verstehen auch die Kinder.
"Geduld!", sagte Geppetto auf einmal und stand auf und verließ, nachdem er sich die Jacke aus Drillich angezogen hatte, wohl erhalten und gepflegt, verließ er eilig das Haus.
Nach nur kurzer Zeit kam er zurück. Und als er zurückkam hatte er die Fibel für den Sohn in den Händen, aber keine Weste mehr. Der arme mann stand in Hemdsärmeln da und draußen schneite es.
"Und die Weste Papa?"
"Die habe ich verkauft."
"Warum hast du sie verkauft?"
"Weil es mir zu warm war."
Pinocchio verstand diese Antwort sofort und da er dem Impuls seines guten Herzens nicht widerstehen konnte, sprang er Geppetto an den Hals und fing an, sein Gesicht mit Küssen zu bedecken.
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